Die Sternwarte Bothkamp

 

Inhaltsverzeichnis

1. Geschichte. 1

2. Geografische Lage. 2

3. Astronomen. 2

4. Fotogalerie. 2

5. Literatur 2

 

1. Geschichte

1869/70 ließ der schleswig-holsteinische Gutsbesitzer und Kammerherr Friedrich Gustav von Bülow (1814-1893) am Rande seines Gutshofes Bothkamp mit erheblichem finanziellen Aufwand eine Privatsternwarte errichten, die sowohl hinsichtlich ihrer instrumentellen Ausstattung als auch ihrer Architektur und Einrichtung alles bisher da gewesene im deutschen Staatenbund in den Schatten stellte.

Der 29,35-Zentimeter-Refraktor stammte von dem Hamburger Optiker Hugo Schröder (1834-1902) und kostete 156.000 Mark. Die Brennweite betrug 4.912 mm.

An der Konstruktion der mechanischen Teile war der Hamburger Ingenieur Theodor Nagel beteiligt. Die Glasrohlinge für das Objektiv hatte v. Bülow selbst auf der Pariser Weltausstellung 1867 erworben.

Es war seinerzeit das größte in Deutschland aufgestellte Fernrohr und sollte es für fast 10 Jahre bleiben.

Es war allerdings weniger wissenschaftliches Interesse als vielmehr eine tiefe Religiosität in Kombination mit dem Drang „der Schöpfung auf den Grund“ gehen zu wollen, die v. Bülow zu dieser Aktion getrieben hat. Seine eigentliche Leidenschaft galt der Bibelforschung. Er hoffte, mit einem Teleskop tiefer in die Geheimnisse der Schöpfung eindringen zu können.

 

 

Die Bothkamper Sternwarte erlangte vor allem durch die Tätigkeiten der Astronomen Hermann Carl Vogel und Wilhelm Oswald Lohse , die hier von 1870 bis 1874 erstmals systematische und umfassende astrophysikalische Forschungen betrieben, eine internationale Berühmtheit.

Vogel war vorher zweiter Assistent an der Leipziger Sternwarte und wurde aufgrund der Empfehlungen von Zöllner und dem Direktor der Leipziger Sternwarte, Carl Bruhns, hauptamtlicher Astronom in Bothkamp. Allerdings machte Vogel seine Zusage davon abhängig, dass sein alter Schulfreund Wilhelm Oswald Lohse ebenfalls nach Bothkamp berufen würde. Lohse war von Hause aus Chemiker und wurde von Vogel erfolgreich in die Astronomie eingeführt.

Die abgeschiedene Lage der Sternwarte kam dem Naturell beider Personen sehr entgegen, da sie eher kontaktscheu waren und geselligen Umgang mit Menschen mieden.

 

 

 

 

Nach dem Tod Friedrich Gustav von Bülows am 30. Oktober 1893 ging die Bedeutung der Sternwarte zurück, obwohl bis 1914 mit Unterbrechungen Astronomen in Bothkamp tätig waren. Danach wurde sie nicht mehr genutzt.

1931 vermachte Harry von Bülow-Bothkamp die Instrumente und Bibliothek der Kieler Universität. Der Refraktor wurde im 2. Weltkrieg bei einem Bombenangriff auf Kiel zerstört.

Das Gebäude der Sternwarte wurde 1937 abgebrochen.

 

 

Die Symbole des Wappens der Gemeinde Bothkamp
Die Hauptfigur des Wappens ist die Darstellung der Sternwarte auf dem Haupthof Bothkamp.

Das Blau steht für den Bothkamper See. Die goldene Spitze steht für den Hof Bothkamp, der als Landspitze in den Bothkamper See hinein ragt. Die goldene Haferrispe steht für den Haupterwerbszweig in der Gemeinde, die Ackerwirtschaft. Der 14-strahlige Stern steht für die 13 Wohnplätze der sehr großen Flächengemeinde Bothkamp und dem Planetoiden namens Athamanthis stellvertretend für die zahlreichen astronomischen Entdeckungen aus der Bothkamper Sternwarte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts.

 

 

 

 

 

 

2. Geografische Lage

Die Sterwarte wurde etwa 15 km südlich von Kiel zwischen dem Dorf Kirchbarkau und dem eigentlichen Zentralbereich des Gutes Bothkamp errichtet.

Das Fundament kann man heute (2008) noch erkennen: Es liegt rechts am Weg von Kirchbarkau nach Bothkamp, kurz vor dem nördlichen Torhaus des Gutes und dem ehemaligen Brückenhaus.

 

 

Die Sternwarte wurde als einstöckiges Gebäude mit kreisförmigem Grundriss (Durchmesser 18 Meter) unmittelbar am Ufer des Bothkamper Sees errichtet. Der Pfeiler für den großen Refraktor wurde aus über 5 Metern Tiefe vom Seegrund bis zum Fußboden der Sternwarte isoliert geführt. In der Gebäudemitte befand sich der Beobachtungsraum, der nach oben hin mit einem drehbaren Kegelstumpf mit Spaltverschluss abgedeckt war. Um den Beobachtungsraum gruppierten sich kreisförmig 8 Räume, die als Arbeitszimmer dienten. 

 

 

 

3. Astronomen

 

Name

in Bothkamp

von-bis

Bemerkungen

Vogel und Lohse

1870-1874

 

Leo de Ball

1881-1882

 

Johannes Lamp

1882-1888

 

Otto Tetens

1888-1891

 

Johannes Friedrich Karl Möller

1891-1897

30.10.1893 Tod von Friedrich Gustav v. Bülow

Paul Guthnick

1903-1906

1910 Tod von Cai v. Bülow

Karl Schiller

1907-1911

 

Hans Hermann

Kritzinger

1912-1914

 

 

 

Hermann Carl Vogels Arbeiten in Bothkamp erstreckten sich auf die Untersuchung der Spektren von Sonne, Planeten, Fixsternen und der Nebelflecken. Hinzu kam die Spektroskopie von Kometen und des Polarlichtes. Vor allem versuchte er auf Anregung Zöllners, aus der Rotation der Sonne eine Linienverschiebung in den Spektren der Sonneränder zu messen, um so die Rotationsgeschwindigkeit der Sonne ermitteln zu können.

Er schreibt: „Am 9. Juni 1871 gelang es mit Hülfe eines von Herrn Prof. Zöllner zur Verfügung gestellten Reversionsspektroskops … die Rotation der Sonne durch Verschiebung der Spektrallinien wahrzunehmen“.

Vogel machte die Sternwarte Bothkamp zur „Wiege der deutschen Astrophysik“.

Herausgegeben wurden gemeinsam mit Lohse 2 Bände „Beobachtungen angestellt auf der Sternwarte des Kammerherrn von Bülow zu Bothkamp“ (1871 und 1873).

Ein dritter Band folgt 1875 von Lohse allein.

1874 erhielt Vogel einen Ruf als Observator an das neu zu errichtende Astrophysikalische Observatorium in Potsdam, dessen Direktor er von 1882 bis zu seinem Tode 1907 war.

 

Wilhelm Oswald Lohse beobachtete vor allem die großen Planeten, insbesondere die Oberflächen von Mars und Jupiter. Daneben beobachtete er die Granulation und Protuberanzen der Sonne und stellte Zeichnungen der Sonnenflecken her. In diesem Zusammenhang stellte er ein grafisches Verfahren zu Ermittlung der heliografischen Koordinaten dieser Flecken vor. Über seine Sonnenbeobachtungen veröffentlichte er mehrere Aufsätze in den „Astronomischen Nachrichten“. Aufgrund seiner chemischen Kenntnisse konnte er auch die noch junge Fotografie als Hilfsmittel für die Astrophysik einsetzen.

Von Mai 1872 bis April 1874 stellte Lohse Serien von insgesamt 227 Sonnenfotografien her und wertete sie hinsichtlich der

Sonnenfleckenhäufigkeit aus.

1874 folgte er Vogel an das Astrophysikalische Observatorium in Potsdam.

 

Nach dem Weggang Vogels und Lohses verwaiste die Sternwarte für mehrere Jahre, bis ihnen ein Vertreter der klassischen Astronomie, d.h. der Astrometrie, folgte:

Leo Anton Carl de Ball arbeitete von 1881 bis 1883 in Bothkamp und entdeckte 1882 von hier aus den Planetoiden Athamantis (230). Weiterhin beschäftigte er sich mit Kometen und der Oberflächenbeobachtungen der Planeten, hier hauptsächlich der Atmosphäre Jupiters. Im März 1882 beobachtete er den Kometen Wells.

Im Gegensatz zu Vogel und Lohse haben ihn spektroskopische Untersuchungen nicht interessiert.

Er verließ Bothkamp im Dezember 1883, um eine Stelle an der Universität Lüttich anzutreten.

 

Nachfolger de Balls in Bothkamp war von 1883 bis 1888 Johannes Christian Lamp (1857-1891). Lamp, der einen um sieben Jahre älteren Bruder namens Ernst August hatte (Astronom in Kiel), widmete sich hauptsächlich der Beobachtung kleiner Planeten und Kometen. Die letzte dokumentierte Beobachtung in Bothkamp ist eine Mondfinsternis vom 28.01.1888. Im Frühjahr 1888 wurde der Refraktor vollständig demontiert und zur Aufarbeitung durch die Fa. Repsold & Söhne nach Hamburg geschickt.

 

Otto Peter Harens Tetens  war von 1888 bis 1891 in Bothkamp. Er sorgte für die Anschaffung eines Passageinstruments zur Zeitbestimmung und pflegte die eher klassischen Gebiete der Astronomie. In den Mitteilungen der Sternwarte veröffentlichte er auch eine Untersuchung über den „Gang der Bothkamper Hauptuhr“.

 

Johannes Friedrich Karl Möller (1867-1957) war von 1891 bis 1897 in Bothkamp angestellt. Die Beobachtungstätigkeit erstreckte sich auf  Kometen, Planeten und Sonnenflecke.

Nach seiner Zeit in Bothkamp ging Dr. Möller als Assistent an die Redaktion der „Astronomischen Nachrichten“ und die Zentralstelle für astronomische Telegramme in Kiel (Leitung: Heinrich Kreutz), bevor er einen Ruf an die Navigationsschule in Elsfleth annahm. Im Februar 1902 begann er seine dortige Tätigkeit zunächst als Oberlehrer.

 

Nach dem Todes des Kammerherrn von Bülow 1893 entschließt sich dessen Sohn Cai von Bülow zur Fortführung der Sternwarte.

 

Nach erneuter „Ruhephase“ trat 1903 Paul Guthnick (1879-1947) als Astronom in die Bothkamper Sternwarte ein. Die Meldung der erneuten Eröffnung wurde als Jahresbericht der Bothkamper Sternwarte in der „Vierteljahresschrift der Astronomischen Gesellschaft“ veröffentlicht. Guthnick beobachtete Veränderliche, Saturn und Venus und besonders die helleren Jupitermonde, an denen er photometrische Messungen vornahm. 1905 erschien als „Mitteilung Nr. II der Sternwarte“ seine Abhandlung „Bestimmung der Rotationsdauer der vier älteren Jupitertrabanten aus Beobachtungen ihrer Helligkeitsschwankungen“. Im April 1906 verließ Guthnick die Sternwarte, um nach Berlin zu gehen.

 

Nachfolger Guthnicks war ab 1907 Karl Schiller (1882-1979). Er verließ die Sternwarte zum Ende des Jahres 1911. Er beschäftigte sich hauptsächlich mit der Vermessung von Doppelssternen.

 

Als Cai v. Bülow 1910 stirbt, erhält dessen Sohn Fritz v. Bülow von der preußischen Regierung einen einmaligen Zuschuss für die Anschaffung von Instrumenten und ein Stipendium für die Astronomen der Sternwarte.

 

Letzter Astronom auf Bothkamp war dann Hans Hermann Kritzinger von 1912 bis 1914.

 

Nach dem 1. Weltkrieg kann die Familie v. Bülow die kostspielige Sternwarte nicht weiter unterhalten. Der Refraktor und ein Teil der Bibliothek werden 1931 der Kieler Sternwarte zum Geschenk gemacht.

 

4. Fotogalerie è Ansehen

 

5. Literatur

Ingo Bubert, Hanspeter Walter: „Gutshöfe Herrenhäuser und Schlösser im östlichen Schleswig-Holstein“ Sventana-Verlag 1999, ISBN 3-927653-3

Heinrich Pöhls: „Bothkamp – eine Heimatkunde“

Janle, Peter / Kortum, Gerhard: „Das Adlige Gut Bothkamp und seine Sternwarte“

                                               in Schr. Naturwiss. Ver. Schlesw.-Holst. 57 (1988)

Lutz Brandt: „Bothkamp - erstes astrophysikalisches Observatorium in Deutschland“ In: Beiträge zur Astronomiegeschichte, Bd. 1. Hrsg. v. Wolfgang R. Dick u. Jürgen Hamel. (Acta Historica Astronomiae ; 1). Thun ; Frankfurt am Main 1998, S. 155-169. ISBN 3-8171-1568-7

Charlotte Schmidt-Schönbeck  „300 Jahre Physik und Astronomie an der Kieler Universität“, Kiel 1965